Philippe Guex, Schweizer Botschafter in Serbien - Serbische Produkte haben Chance auf dem Schweizer Markt

Quelle: eKapija Dienstag, 06.02.2018. 15:19
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(Philippe Guex) Immer mehr Schweizer Unternehmen, die im Bereich der exportorientierten IT-Dienstleistungen tätig sind, wählen Serbien als neuen Standort für Outsourcing und Expansion, sagt Philippe Guex, Botschafter der Schweiz in Serbien, gegenüber dem Portal eKapija.


Er fügt hinzu, dass die Attraktivität Serbiens als Wirtschaftsstandort auf "seine geografische Lage, die Verfügbarkeit von qualifizierten Arbeitskräften sowie Anreize für Investoren" zurückzuführen sei.


Im Interview für das Portal eKapija spricht Botschafter Guex auch darüber, wie wichtig die Fortsetzung der Reformen für die weitere Anziehung von Investoren sind und inwieweit Serbien mit der Hilfe der Schweiz und Schweizer Unternehmen auf diesem Weg rechnen kann.


eKapija: Die Schweiz ist einer der wichtigsten Handelspartner Serbiens. Wie sehen Sie den aktuellen Stand der wirtschaftlichen und politischen Beziehungen unserer beiden Länder?


– Die Schweiz und Serbien haben langjährige diplomatische und wirtschaftliche Beziehungen, die traditionell gut sind und stetig verbessert werden.


Neben der intensiven politischen Zusammeanrbeit auf höchster Ebene beruhen unsere bilateralen Beziehungen auch auf der großen serbischen Diaspora, auf noch bescheidenen bilateralen Wirtschaftsbeziehungen, aber mit viel Potenzial und nicht zuletzt auf der bedeutenden Entwicklung und wirtschaftlichen Zusammenarbeit, da die Schweiz zu den "Top 4"bilaterale Geber in Serbien gehört.


Die Schweiz engagiert sich auch sehr, um die laufenden Reforminitiativen der Regierung zu unterstützen, ein serbisches duales Ausbildungssystem zu entwickeln, das jungen Menschen den Eintritt in den Arbeitsmarkt ermöglicht und in Zukunft genügend Fachkräfte und Manager für anspruchsvollere Märkte sichern wird.


eKapija: Was sind die größten Vorteile von Serbien, wenn es um Investitionen geht? Was sind seine Fehler und in welchen Bereichen kann es sich verbessern?


- Die Attraktivität Serbiens als Wirtschaftsstandort beruht auf seiner geografischen Lage. Die Verfügbarkeit von qualifizierten Arbeitskräften sowie Anreize für Investoren sind der Hauptgrund, wenn Schweizer Unternehmen Interesse für diesen Markt zeigen.


Wie wir alle wissen, wirken die Ungewissheit und die Unvorhersehbarkeit des Geschäftsumfelds sehr entmutigend, unabhängig davon ob es sich um lokale oder ausländische Investitionen geht.


Die Regierung sollte Reformen zur Schaffung eines berechenbaren und verlässlichen Rechtsrahmens durch Verbesserung der Rechtsstaatlichkeit, Gewährleistung der Unabhängigkeit der Justiz, Bekämpfung der Korruption und insbesondere der Schattenwirtschaft durchführen, da dies die wichtigsten Voraussetzungen sind, um mehr Investoren anzuziehen und ihre Interessen zu schützen.


Trotz bemerkenswerter Fortschritte bestehen noch immer Herausforderungen, z.B. hinsichtlich bürokratischer Belastungen und Verzögerungen, Steuersystem, Korruption, ineffizienter Justiz und mangelnder Rechtssicherheit. Zu den wesentlichen Risiken für das Investitionsklima zählen auch die noch immer ungelösten verlustbringenden Staatsbetriebe.


Nur durch die Lösung dieser Probleme und die Umsetzung der versprochenen Reformen könnten die Geschäftsmöglichkeiten in den kommenden Jahren deutlich wachsen.


eKapija: In welchen Bereichen können Unternehmen aus unseren beiden Ländern zusammenarbeiten?


- Immer mehr Schweizer Unternehmen, die in exportorientierten IT-Dienstleistungen tätig sind, wählen Serbien als neuen Standort für Outsourcing und Expansion. Ihr Geschäft ist ein gutes Beispiel dafür, wie fruchtbar die Bemühungen der serbischen Regierung sind.


(FotoPressmaster/shutterstock.com)
Bei Investitionen in Serbien stehen vorerst Software Engineering, Informationstechnologie und Online-Kundenservice im Fokus. Ein klarer Wettbewerbsvorteil ist die Verfügbarkeit des gut ausgebildeten Personals, das fließend Englisch spricht.


Darüber hinaus bringt die ausgezeichnete Verkehrsanbindung zwischen unseren beiden Ländern mit vier täglichen Flügen zwischen Zürich und Belgrad und seit kurzem auch aus Nis die beiden Länder für Schweizer Investoren näher zusammen.


eKapija: Wie viele Schweizer Unternehmen sind derzeit in Serbien tätig, und wie präsent sind serbische Unternehmen in der Schweiz?


- Unter "Schweizer" Unternehmen verstehen wir Unternehmen, die in Serbien mit Schweizer Privat- oder Firmenkapital registriert sind, aber auch multinationale Unternehmen mit Finanz- oder Verwaltungssitz in der Schweiz.


Dieser Definition entsprechen rund fünfhundert Unternehmen unterschiedlicher Größe, Struktur und Tätigkeitsbereich, die rund 11.000 Mitarbeiter beschäftigen. Dann gibt es natürlich die echten Schweizer Firmen (ABB, Nestlé, Ringier, Roche, Novartis, Pharma Swiss ...).


Der grösste Teil der in Serbien vertretenen Schweizer Unternehmen sind jedoch KMU aus den Bereichen IKT und Software Engineering und Hochpräzisions-Sektor



Umgekehrt gibt es immer mehr serbische Unternehmen, die an einem Export in den Schweizer Markt interessiert sind. Serbische hochwertige Waren und Lebensmittel sind bereits in Lieferketten großer Einzelhandelsunternehmen vertreten.


eKapija: Wie hoch war der Handel zwischen der Schweiz und Serbien im vergangenen Jahr? Was hat Serbien am meisten importiert und was hat es am meisten in die Schweiz exportiert?


- Während unsere bilateralen Handelsbeziehungen unterhalb der realistischen Potenziale liegen und immer noch bescheiden sind, belaufen sich die Schweizer Direktinvestitionen auf ca. 900 Millionen Euro, womit die Schweiz der 9. größte Investor in Serbien ist. Am Ende war die Schweiz 2016 der zweitgrößte Investor.

(FotoGustavo Fadel/shutterstock.com/)
Der Warenverkehr mit Serbien hat 2016 den Wert von gut 300 Millionen Franken erreicht.


Interessant ist, dass die serbischen Exporte in die Schweiz im Vergleich zu 2015 um 30% zugenommen haben und dass dieser Trend auch 2017 mit 17% angehalten hat. Die Schweizer Exporte nach Serbien haben sich um 20% verbessert.


Die Schweiz importiert hauptsächlich Metalle, Autos, landwirtschaftliche Produkte, Produkte aus Holz und Kunststoff, Maschinenteile und Pneumatik aus Serbien, während Serbien hauptsächlich aus der Schweiz pharmazeutische und chemische Produkte, Maschinen und Maschinenteile, Elektrogeräte und natürlich Schweizer Uhren importiert.


eKapija: Schweizer Unternehmen, die in Serbien tätig sind, sind bekannt für ihre Effizienz, erstklassigen Service und Präzision. Wie wichtig sind ihre Erfahrung und hohe Geschäftsstandards für die Weiterentwicklung von Best Practices für Unternehmen in Serbien?


- Die Schweizer Unternehmenskultur ist die Basis für unser Denken und Handeln. Es bestimmt, wie wir miteinander arbeiten und was wir schätzen, wie wir Herausforderungen angehen und wie wir uns auf die Zukunft vorbereiten. Es spielt eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, normale Zusammenarbeit in Teamarbeit, Pflicht in Zuverlässigkeit, Arbeitgeber in Motivator und Service in außergewöhnlichen Service zu verwandeln.


Wir haben mehr und mehr Schweizer Unternehmen, die von Doppelbürgern geleitet werden und Schweizer Know-how und Expertise sowie ein hohes Maß an Arbeitsethik nach Serbien bringen.


eKapija: Wie wichtig ist die Existenz der schweizerisch-serbischen Handelskammer (SSCC) für die Stärkung der Geschäftsbeziehungen zwischen den beiden Ländern und inwieweit ist die Botschaft an den Operationen der Kammer beteiligt?


- Die schweizerisch-serbische Handelskammer ist auch eine wichtige Plattform für serbische und schweizerische Unternehmen, um Schweizer Werte weiterzugeben und zu fördern.


Die Entscheidung der Schweizer Unternehmen, eine Handelskammer zu gründen, spiegelt ihr Vertrauen in die Zukunft Serbiens und in die Zukunft der schweizerisch-serbischen Wirtschaftsbeziehungen wider.


Die SSCC formuliert jedes Jahr Empfehlungen an die serbische Regierung zur Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen und sendet auf diese Weise die Botschaft, dass Schweizer Unternehmen Serbien weiterhin bei der nachhaltigen Entwicklung von dauerhaften und langfristigen Beziehungen zwischen der Schweiz und Serbien unterstützen und den Dialog zwischen unseren beiden Ländern erleichtern werden.


eKapija: Obwohl kein Mitglied der EU, unterstützt die Schweiz aktiv Serbien auf seinem Weg in die EU. Wie beurteilen Sie die Ergebnisse, die Serbien in dieser Hinsicht bisher gemacht hat?


- Serbien hat erhebliche Fortschritte in Bezug auf das Geschäftsklima erzielt, aber es gibt noch Spielraum für Verbesserungen, um den Investoren die Vorhersehbarkeit im Einklang mit den europäischen Standards durch die Verbesserung der Rechtsstaatlichkeit, die Gewährleistung der Unabhängigkeit der Justiz, die Bekämpfung der Korruption und die Transparenz der Steuerverwaltung zu gewährleisten.


eKapija: Serbien und die Schweiz sind auch durch starke kulturelle und historische Bindungen verbunden. Wie ist die Zusammenarbeit zwischen Serbien und der Schweiz in anderen Bereichen und wie fördert Ihre Botschaft die Schweiz in Serbien?


- Die Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern sind stark, auch dank der großen serbischen Diaspora in der Schweiz, die fast 200.000 Menschen umfasst. Diese bedeutende serbische Diaspora könnte ein Pool für neue Investitionen in Serbien sein, die weiter genutzt werden müssen.


Eine der wichtigsten Aufgaben und Ziele der Botschaft ist es, das positive Image der Schweiz weiter zu fördern und Chancen für den Aufbau von Partnerschaften zum Wohle unserer beiden Länder zu antizipieren und zu schaffen


Die Schweiz unterstützt jedes Jahr ein Dutzend Festivals und kulturelle Veranstaltungen in Belgrad und in ganz Serbien, die es Schweizer Künstlern und Gruppen ermöglichen, gesehen und gehört zu werden. Das Gleiche gilt für die Schweiz, wo die serbische Gemeinschaft viel zur Vielfalt des kulturellen Austauschs beiträgt.


Angesichts des großen Potentials, den Austausch zwischen Schweizer und serbischen Künstlern weiter zu entwickeln, hat die Schweizer Botschaft in Belgrad beschlossen, 2015 einen Kulturfonds mit Unterstützung von Sponsoren aus der Privatwirtschaft zu gründen.


eKapija: Die Schweiz ist sehr aktiv in verschiedenen Bereichen, von Jugendbeschäftigung, Entwicklung des Privatsektors, soziale Inklusion, Unterstützung des Parlaments bis hin zu Ökologie und anderen Bereichen. Können wir neue Aktivitäten der Botschaft in Serbien ankündigen?


- Die Schweizer Kooperationsstrategie Serbien 2018-2021 ist eine Fortsetzung des langjährigen Engagements der Schweiz zur Unterstützung der serbischen Reformagenda in den Bereichen Verwaltung, nachhaltige Energie und verstärkte Unterstützung für wirtschaftliche Entwicklung und Beschäftigung.


Die Strategie wird sich auf verbesserte Rahmenbedingungen für den privaten Sektor, ein ermutigendes Geschäftsumfeld und auf einschließende Strategien zur Überwindung von Ungleichheiten konzentrieren.


Wir werden die lokale wirtschaftliche Entwicklung noch stärker fokussieren und uns speziell mit der Stärkung der Institutionen und der Verbesserung der Rahmenbedingungen für Unternehmen befassen. Die Maßnahmen im Zusammenhang mit der Handelsförderung, der Jugendbeschäftigung, der dualen Berufsbildung und der Entwicklung des Privatsektors werden angesichts des Bedarfs und des Interesses der serbischen Regierung verstärkt.


Der Fokus auf den Energiesektor wird auf die Stadtentwicklung ausgeweitet, um Städte widerstandsfähiger zu machen.

Miloš Vlahović


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